Neue Ableitbedingungen für Schornsteine

Die Ziele der neuen Ableitbedingungen, die mit der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) seit Januar 2022 angestrebt werden, stehen im Zeichen einer effektiven Abfuhr und Verdünnung von Abgasen in der umgebenden Luftströmung. So sollen störende Geruchs- und Rauchgasemissionen in der Nachbarschaft reduziert werden, während gleichzeitig eine Verminderung der Belastung durch gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe wie Feinstaub angestrebt wird – besonders in dicht besiedelten Wohngebieten.

Die neuen Vorschriften betreffen ausschließlich Feuerungsanlagen, die nach dem 01.01.2022 errichtet wurden und für feste Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als einem Megawatt. Das schließt zentrale Heizkessel für Festbrennstoffe wie Pellet-Heizkessel und Hackgut-Heizkessel ein, ebenso wie Einzelraumfeuerungsanlagen, darunter Kaminöfen. Letztere dienen vorrangig als Zusatzheizung und beheizen in erster Linie den Aufstellraum.

In diesem Artikel werden wir näher auf die Details und Auswirkungen dieser neuen Ableitbedingungen eingehen.

GRUNDLAGEN

Ableitbedingungen nach BImSchV und nach VDI

Die benötigte Schornsteinhöhe kann nach der 1. BImSchV oder nach VDI 3781 Blatt 4 ermittelt werden.

Während die Auslegung nach 1. BImSchV die Umsetzung grundsätzlich erleichtern soll, sind die anzustellenden Berechnungen nach VDI 3781 Blatt 4 unter Umständen sehr aufwendig und zeit- bzw. auch kostenintensiv.

Allerdings erfordern die neuen Regelungen der 1. BImSchV ggf. höhere Schornsteine, während eine Auslegung nach VDI geringere Schornsteinhöhen oder auch eine traufseitige Anbringung des Schornsteins erlauben würden.

ZIELSETZUNG

Ziel der neuen Ableitbedingungen

Mit der Änderung von §19 (1) BImSchV soll

- durch firstnahe Anordnung des Schornsteins ein verbesserter Abtransport der Abgase mit der freien Luftströmung gewährleistet werden, um die Luftqualität insbesondere in dicht bebauten Wohngebieten zu verbessern
- die Belastung der Außenluft mit gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen (insbesondere Feinstaub) vermindert werden
- die Immission in der Nachbarschaft, also die dort ankommenden Geruchs- und Rauchbelastungen, verbessert werden

Wie soll das erreicht werden?

DIe Mündung des Schornsteins muss mindestens 40 cm über First und gleichzeitig außerhalb der Rezirkulationszone des Gebäudes liegen (Rote-Linien-Modell – VDI 3781 Blatt 4).

Zusätzlich sind Mindestabstände zu Nachbargebäuden bzw. eine Überhöhung der Schornsteinmündung bei Unterschreiten des Mindestabstandes nötig.

Die Rezirkulationszone befindet sich auf der windabgewandten Seite. In ihr werden die Abgase nicht in die freie Luftströmung transportiert, sondern in dieser Zone längere Zeit verwirbelt. Die Ausbildung der Rezirkulationszone hängt von verschiedenen Parametern ab, wie z.B. der Gebäudegeometrie, der Lage und Geometrie der Nachbarbebauung sowie der Topografie, z. B. Hanglagen.

GÜLTIGKEIT

Inkrafttreten der neuen Verordnung

Die neue Verordnung gilt für ab 01.01.2022 neu installierte Festbrennstofffeuerstätten mit weniger als 1 MW Leistung. Der maßgebliche Zeitpunkt ist dabei der Tag, an dem die mechanischen Arbeiten für die Errichtung der Anlage begonnen haben. Dies kann nach jetzigem Kenntnisstand bereits durch eine Kernbohrung, die Aufstellung eines Ofens oder auch die Montage eines Wandhalters erfolgen (siehe Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz LAI). Bitte klären Sie die Sachlage aber trotzdem immer vorher mit dem bevollmächtigten Bezirks-Schornsteinfeger!

Wann das Gebäude errichtet oder genehmigt worden ist, ist für die Pflicht zur Anwendung der neuen Regelung ab dem 01.01.2022 unerheblich. Eine Ausnahme für vor dem 01.01.2022 errichtete oder genehmigte Gebäude kann bestehen, wenn die neue Regelung „unverhältnismäßig“ wäre, die Entscheidung darüber obliegt den zuständigen Behörden. Eine genaue Definition der Unverhältnismäßigkeit befindet sich derzeit noch in Klärung.

Auch für bisher ungenutzte Schornsteine ist bei Neuanschluss einer Festbrennstofffeuerstätte die neue Regelung anzuwenden.

Bestandsanlagen

Bestandsanlagen sind nicht von der neuen Regelung betroffen. Als Bestand zählt

- errichtete Anlagen, an denen weder Schornstein noch Feuerstätte geändert werden

- der Austausch von vor dem 01.01.2022 in Betrieb genommenen Öl-/Gas-/Festbrennstofffeuerstätten durch eine neue Festbrennstofffeuerstätte

- der Austausch eines bestehenden Schornsteins ohne Veränderung der Feuerstätte

DIE NEUE REGELUNG

Die neuen Ableitbedingungen nach §19 im Detail

Die Austrittsöffnung des Schornsteins muss firstnah angeordnet sein und den First um mindestens 40 Zentimeter überragen. Firstnah angeordnet ist die Austrittsöffnung eines Schornsteins, wenn ihr horizontaler Abstand vom First kleiner ist als ihr horizontaler Abstand von der Traufe und ihr vertikaler Abstand vom First größer ist als ihr horizontaler Abstand vom First.

Zusätzlich muss die Mündung Türen, Fenster und Lüftungsöffnungen der Nachbargebäude abhängig vom

Abstand und Anlagengröße um folgende Höhen überragen:

Leistung bei Abstand Höhe

< 50kW < 15m ≥ 1m

> 50 kW < 17m ≥ 2m

> 100 kW < 19m ≥ 3m

> 150 kW < 21m ≥ 3m

> 200 kW VDI 3781 Blatt4

FAZIT

Mit der neuen Verordnung wird es schwieriger Schornsteine nachträglich zu installieren, da sich die Höhe des Schornsteins auch auf die Statik auswirkt und Nachrüstlösungen an der Außenseite nicht mehr in allen Einfamilienhäusern umsetzbar sind. Die früher übliche Anordnungen an der Traufe, bspw. bei nachträglich eingebauten Kaminen und Schornsteinen, könnten künftig zu oft unrealistischen Schornsteinhöhen führen. Um die Bestimmungen – nämlich firstnah und mindestens 40 cm über dem First – zu erfüllen, müsste der Schornstein oft an der Giebelseite nachgerüstet werden. Doch viele Einfamilienhäuser haben dort bereits einen Balkon, eine Terrasse oder Fensterfronten. Daher lautet die Empfehlung: im Neubau sollte der Schornstein von Beginn der Planung an firstnah im Haus integriert werden.

Bitte sprechen Sie mich gerne rechtzeitig mit Planungsbeginn Ihres Neubaus an oder jederzeit, wenn Sie einen Kamin nachrüsten möchten. Gemeinsam klären wir, wie wir einen Kamin bei Ihnen nachrüsten können.

Disclaimer:

Alle Informationen sind nach bestem Wissen und nach aktueller Auslegung erstellt worden. Irrtum und fehlerhafte Darstellung, z.B. aufgrund zwischenzeitlich geänderter Auslegungen sind vorbehalten.

Photocredits: Foto von Annie Spratt auf Unsplash

Dolenc Ofenbau